Von Ehe und Ehelosigkeit
Es gibt Menschen, die einen Partner haben und unglücklich sind. Es gibt Menschen, die ehelos leben und auch unglücklich sind, Und es gibt jene, die in jeder Lebenslage glücklich wirken. Manchmal ist es nötig, das Schaufenster der Perfektion zu zerbrechen, um in den Scherben des Alltags neu zu verstehen, was Liebe ist.
Beten wir für die jungen Menschen, die sich mit Unterstützung einer christlichen Gemeinschaft auf die Ehe vorbereiten. Sie mögen wachsen in Liebe durch Großherzigkeit, Treue und Geduld.
Monat für Monat veröffentlicht der Vatikan die "Gebetsmeinung des Heiligen Vaters". Papst Franziskus wählte für Juni 2021 als Thema die christliche Ehe. In der katholischen und orthodoxen Kirche ist die Ehe ein Sakrament. Im Blick ist das Paar, aber auch die Kinder. In der Praxis ist die Ehe oft genug ein Marathonlauf mit vielen Durststrecken. Was mit Romantik und Liebesschwüren beginnt, kann zu oft in der Brüchigkeit des Alltags enden. Ob Liebe die Kraft hat, durchzuhalten, zeigt sich zwischen Kochtopf und einzelnen Socken. Eigentlich überrascht es, dass zwar viele fragen, ob man zölibatär leben kann, aber nur wenige, ob es nicht überfordert, das Leben mit einem anderen Menschen zu teilen - Tisch und Bett. Ist das nicht unmenschlich? Genügend Ehen führen ins Unglück. Und oft genug erscheint eine Scheidung als Befreiung.
Es geht nicht darum, den Wert der Ehe zugunsten der Ehelosigkeit herabzusetzen, schreibt Papst Franziskus in Amoris Laetitia. Am Weg zu Gott ist weder das ehelose Leben noch das Leben in Bindung an eine konkrete Person schwerer oder leichter. Wer eine katholische Ehe schließt, sagt zu, den anderen nicht mit rosa Brille zu lieben. Es kann sein, dass der andere sich so verändert, dass er mir fremd wird. Es kann sein, dass Liebe gebietet, getrennte Wege zu gehen (diese Möglichkeit kennt das Kirchenrecht). Aber es bleibt eine Bindung, die nicht endet. Und was langjährige Ehen wirklich zusammenschweißt, ist nicht Sex, sondern Zeit füreinander und gemeinsam durchlittene Erfahrungen.
Wer dagegen zölibatär lebt, lebt nicht beziehungslos - zumindest sollte es nicht so sein.. . Wer sich der Liebe zum Du verschließt, versteinert. Er wird nicht dem Vorbild Jesu gerecht, der sich ja dem Menschen zugewandt hat und sich berühren ließ. Wer könnte das besser erklären als jene Heiligen, von denen die katholische Kirche weiß, dass für sie Ehelosigkeit und Liebe zu konkreten Menschen kein Widerspruch war? Beispiele sind Teresa von Avila und ihr Freund Jeronimo Gracian oder Therese von Lisieux, Kirchenlehrerin und ihre Schwester Celine Martin.
Kirchliche Regeln erfassen keine Einzelfälle. Es ist die Stärke von Amoris Laetitia, dass dieses Schreiben des Papstes den Blick auf die Praxis öffnet und damit Ideal und Wirklichkeit näher zueinander führt:
In dem Glauben, dass alles weiß oder schwarz ist, versperren wir manchmal den Weg der Gnade und des Wachstums und nehmen den Mut für Wege der Heiligung, die Gott verherrlichen. Erinnern wir uns daran, dass »ein kleiner Schritt inmitten großer menschlicher Begrenzungen […] Gott wohlgefälliger sein [kann] als das äußerlich korrekte Leben dessen, der seine Tage verbringt, ohne auf nennenswerte Schwierigkeiten zu stoßen «.[352] Die konkrete Seelsorge der Amtsträger und der Gemeinden muss diese Wirklichkeit mit einbeziehen. (Amoris Laetitia)