Leipziger Gedanken am Dornbusch (Ex 3,10)
Gehen? Ich? Zu den Menschen?
Der Witz ist gut!
Du weisst sehr gut,
dass ich gerne allein bin.
Ich bin schwach, verletzt und die Narben bluten immer noch.
Du weisst sehr gut,
dass ich Angst habe,
auf Menschen zuzugehen.
Du weisst, sie sind wie scheue Katzen,
die zu oft schlechte Erfahrungen gemacht haben.
Manchmal kratzen und beißen sie.
Sie sind mir fremd.
Oft bin ich auch mir selbst fremd.
Besser ist es, in Deine Hände zu fallen
als in die Hände der Menschen.
Du weisst doch, wie verunsichert die Menschen sind,
wie enttäuscht und verbittert
Sie glauben nicht an Dich und nicht an die Liebe -
Und ich verstehe das.
Was? Du meinst das ernst? Ich soll gehen?
Hörst Du mir eigentlich zu?
Ich weiß nicht, warum ich hier bin
in diesem Dasein zwischen zwei Ewigkeiten
in diesem Tal der Tränen.
Eigentlich wäre ich doch schon längst wieder bei Dir.
Ohne die Liebe von Menschen
und die Wunder der Medizin
wäre mein Leben doch schon längst vorbei.
Stattdessen hast Du den Menschen,
den ich liebte, vor mir geholt.
Das war nicht fair von Dir!
Bitte? Nein, ich war nicht dabei,
als Du das Universum konzipiert hast.
Klar weiß ich, dass Du
der verborgene Urgrund von all dem bist,
was ich erlebe.
Aber erklär das mal den Menschen des 21. Jahrhunderts.
Die glauben nicht mehr an Dich.
Zu oft wurde in Deinem Namen Unrecht verkündet.
Zu oft nutzten Institutionen Deinen Namen,
um Menschen an sich zu klammern,
statt den Weg zu Dir zu zeigen.
Und längst gibt es für alles
rationale Erklärungen ohne Dich.
Es hat keinen Sinn, von Dir zu reden.
Ich soll im Netz schreiben?
Nein, ich mache keine Selbstdarstellung.
Und außerdem hat es keinen Sinn.
Ich weiß, dass Du mich begleitest,
selbst im Dunkel des Leidens.
Aber viele spüren das nicht mehr.
Viele mussten zu viel ertragen. Warum?
Warum verbirgst Du Dich?
Bist am Ende auch Du eine verletzte Katze,
die lieber fernbleibt?
Lass mich im Zimmer liegen, unbemerkt.
Du kannst mich gerne dort besuchen.
Ich baue uns eine Hütte und zünde drei Kerzen an.
Dein bin ich. Dein will ich bleiben.
Lass mich in Deinem Haus wohnen und gut ist es.
Zeig mir die Schönheit der Welt.
Lass mich in Stille die Schöpfung preisen.
Mit einem Cappuccino am Balkon.
Ich kann auch nicht gut schreiben.
Weder gestern, noch heute, noch seit Du mit mir redest.
Und was, wenn das, was ich schreibe,
andere von Dir wegführt?
Schick doch einfach jemand anderen.
Jemand, der besser reden und argumentieren kann,
dem die Herzen sofort zufliegen,
der nicht so chaotisch ist,
den Du mit mehr Talenten begabt hast.
Ich bin sicher,
es gibt genug Leute,
die begeistert Deinen Willen tun.
Nein? Ich soll mich nicht so anstellen?
Ich soll essen und trinken,
weil sonst der Weg zu weit ist?
Ich soll einfach schreiben, was Du mir ins Herz legst?
Na gut, ich versuche es.
Nur da sein, nicht werben, nicht an mich binden,
da sein und wieder loslassen.
Aber Du musst mich begleiten.
Und begleite auch alle, die mir vertrauen
und deren Namen in mein Herz geschrieben ist.
Du weisst, ich bin schwierig.
Hättest mich ja auch anders erschaffen können.
Wie bitte?
Ja, ja, Du brauchst mich so, wie ich bin.
Verstehen muss ich das aber nicht.
Aber glaub mir,
es ist nicht immer leicht, Ich zu sein.
Wie? Ich soll aufhören mit dem Gejammere?
Also gut! Ich gehe!
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