Die römische Liturgie kennt an den letzten Tagen vor der Geburt Jesu eine Reihe von Anrufungen, die zum Geheimnis des Weihnachtsfestes aus christlicher Perspektive hinführen.
O Adonai,
Herr und Führer des Hauses Israel –
im flammenden Dornbusch bist du dem Mose erschienen
und hast ihm auf dem Berg das Gesetz gegeben:
o komm und befreie uns
mit deinem starken Arm!
Sollen wir Feuer vom Himmel regnen lassen, um sie zu strafen? So reagierten Jesu Jünger auf ein unerfreuliches Erlebnis in einem Dorf. Gott soll mit Macht kämpfen. Und seine Jünger möchten gerne dabeisein als Sieger, die aktuell zwar eine Niederlage erleben, aber später herrschen werden. Doch Jesus empfahl, einfach weiterzuziehen.
Petrus will nicht, dass Jesus nach Jerusalem geht. das könnte gefährlich werden. Doch Jesus tat, was er im Innersten tun musste. Jesus folgt einer Macht, die die Ewigkeit im Blick hat. Das ist für uns, die wir an Erfolg im Leben interessiert sind, schwer zu ertragen.
Adonai ist in Israel schon früh Ersatzbegriff für den eigentlichen Namen Gottes, der Moses am brennenden Dornbusch offenbart wird: JHWH...
Übersetzungen sind immer gefährlich und so bin ich gerade bei diesem Wort etwas zurückhaltend. Doch der Name drückt das zentrale Wesen dessen aus, wie göttliche Nähe zu allen Zeiten erfahren wurde:
„Das ist mein Name für immer und so wird man mich nennen in allen Generationen.“, erfährt Moses am brennenden Dornbusch.
Ich bin der ich bin. Ich war und werde sein. Ich legte den Funken, der Dich erschuf. Ich werde Dein treuer Begleiter bleiben, wenn alles verloren scheint. Ich werde Dich in ewiger lebendiger Erinnerung bewahren, wenn Dein Körper zu Staub zerfällt. Du bist Teil einer Geschichte, die lange vor dem Urknall begann und über das Ende des Universums Bestand hat. Ich bin im leisen Säuseln des Windes und in den unerwarteten Umbrüchen der Geschichte. Ich begleitete Deine Eltern, als sie vertrieben wurden, führte Dich zu dem Ort, wo Du jetzt bist und bewahre die Menschen, die ich in Dein Herz geschrieben habe. Und jetzt geh!
Adonai ist die Macht, die nicht von außen kommt, sondern aus dem Innersten. Deshalb kann sie eigentlich nicht gefahrlos ignoriert werden. Sie ist das befreiende Wort, die Veränderungen im Verborgenen beginnen lässt und am Ende die scheinbar Mächtigen vom Thron stürzt und den Schwachen aufhilft. Sie ist die Macht, die den Funken anhaucht und Flammen neu entzündet. Wer im Innersten entflammt ist von diesem göttlichen Funken, geht verwandelt durch die Welt. Und diese Macht definiert Erfolg radikal neu. Gelungenes Leben bemisst sich nicht nach Titeln und Reichtum, Bekanntheit, äußerer Schönheit, Lebensdauer oder Followern auf Facebook und Tiktok. Entscheidend sind jene Momente, in denen wir liebten - gerade dort, wo es schwer ist, zu lieben. Vielleicht, ohne zu wissen, dass wir damit einen göttlichen Auftrag erfüllten.
Der Blick auf Moses zeigt auch: die Macht tritt gegenüber unserem Willen als diskussionsfreudiges, aber selbstbewusstes DU auf. Ich kann Einwände bringen, ich kann über Jahrzehnte andere Wege gehen, aber Adonai lässt nicht locker, wenn ein wichtiger Auftrag mein Ja erfordert. Nur extrem selten zeigen Menschen jene Offenheit, in der Maria dem Auftrag begegnet. Meist ist die erste Reaktion eher ein Nein, bei Jona sogar eine kinoreife Flucht. Wenn ich bedenke, in welche Schwierigkeiten göttliche Aufträge führen können, kann ich das gut verstehen. Und doch verändern gerade jene Menschen die Welt, die ihrem innersten Ruf folgen.
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