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Gottes Spur an der Dialyse

Natur und Mensch. Blick ins Grüne. Blick auf das eigene Blut. Ein Gerät mit einer Membran filtert und reinigt das Blut außerhalb des Körpers. Man spricht auch von "künstlicher Niere". Die Dialysepatienten selbst bezeichnen sich manchmal als Waschbären und die Blutwäsche als Waschmaschine. 

 

Irgendwann begann der Mensch die Natur zu verändern und zu gestalten. Zu oft zerstörte der Mensch Natur, um sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Natürlich und künstlich wurden Gegensätze. 

 

Die Dialyse bringt beides zusammen. Das Blut verlässt den Körper und kommt gereinigt zurück. 

Es ist geschenkte Zeit. 

Ein großer Teil meiner Biographie lebe ich im Bewusstsein, dass ich eigentlich nicht mehr leben würde ohne Medizin. 

 

Warum bin ich eigentlich noch da?

Aus Liebe. 

Bitte?

Du bist noch da, weil Menschen die Natur erforschten, um Menschen zu helfen, die krank waren. 

Damit ich jetzt länger lebe, mussten Menschen zuerst bei den ersten Versuchen 1924 sterben. Hättest Du nicht das verhindern können?

Du siehst Leid und Tod. Aber am Ende siegt das Leben.

 

Wirklich? Bestimmen nicht Leid und Tod unsere Existenz? 

 

Die lange Nacht der Qualen

beginnt für manchen Menschen

mit der Geburt und endet mit dem Tod.

Mal ist es der eigene Körper, der quält,

mal sind es die Menschen, die quälen,

mal verursacht die unbelebte Welt Schmerzen.

 

Manche, die ein glückliches Leben führen,

preisen dafür Gott.

Ihr Glück ist ihnen Garant seiner Existenz.

Doch das Trugbild zerreißt.

Ohne Gegenüber bleibt ein Glaube,

der das Leid des Kindes ausklammert,

ein Kind ohne Verständnis eines philosophischen Sinnes,

den seine Qual haben soll.

 

Es ist immer riskant, anderen das zu empfehlen, was einen selbst durch Krisen getragen hat. Gerade Menschen, die in unterschiedlichen Formen an Gott glauben, neigen dazu, ihre Erfahrung absolut zu setzen. Aber auch Menschen, die religiös unmusikalisch sind, neigen manchmal dazu, ihren Weg als allgemeingültiges Vorbild zu postulieren. Es ist deshalb riskant, weil der andere eine eigene Geschichte hat. Passt mein Weg zu seiner Geschichte? Man kann seine eigenen Kraftquellen dem anderen immer nur vorschlagen. Nicht nur Religionen neigen leider manchmal dazu, ihre erkannte Wahrheit absolut zu setzen.

 

Menschen geben Erfahrungen weiter. Die Bibel sammelt in alten Geschichten und Bildern Erfahrungen, die auch heute noch Menschen inspirieren. 

Im Kreislauf des Jahres erinnern sich die Kirchen an diese Erfahrungen. Am Sonntag nach Ostern gibt es nochmal eine Zusammenfassung: Der Dreifaltigkeitssonntag erzählt von Erfahrungen mit Gott. Für Christen wurde Gott gerade in einem ohnmächtigen Menschen sichtbar. Christliche Theologie ist dort glaubwürdig, wo sie den Leidenden in den Mittelpunkt stellt. 

Christen sind dann glaubwürdig, wo sie selbst aus der Ohnmacht kommen. 

 

Wer in der Wüste war, darf reden! Wer selbst Ohnmacht erlebt, darf andere glaubwürdig stärken. 

Die Bibel sammelt Erfahrungen, die bis heute Menschen prägen und ihnen Hoffnung geben. 

Die Bibel stellt Menschen in den Mittelpunkt, die machtlos sind. 

Moses bringt das unterdrückte Volk aus der Sklaverei heraus. Zuvor erlebt er eine Begegnung, die ihn verändert. Seine innere Sehnsucht, das Volk zu befreien wird unterstrichen durch eine Stimme, die tief in ihm sitzt, aber doch nicht seine Stimme ist. 

 

Ich bin der ich bin. Ich war und werde sein. Ich legte den Funken, der Dich erschuf. Ich werde Dein treuer Begleiter bleiben, wenn alles verloren scheint. Ich werde Dich in ewiger lebendiger Erinnerung bewahren, wenn Dein Körper zu Staub zerfällt. Du bist Teil einer Geschichte, die lange vor dem Urknall begann und über das Ende des Universums Bestand hat. Ich bin im leisen Säuseln des Windes und in den unerwarteten Umbrüchen der Geschichte. Ich begleitete Deine Eltern, als sie vertrieben wurden, führte Dich zu dem Ort, wo Du jetzt bist und bewahre die Menschen, die ich in Dein Herz geschrieben habe. Und jetzt geh! 

 

Kurze Zeit leben wir auf diesem Planeten. Moderne Medizin kann heute oft das Leben verlängern. Im Licht der Ewigkeit sind wir trotzdem nur Sternenstaub. Was machen wir mit der geschenkten Zeit? Für wen leben wir diese Zeit? 

4 Stunden braucht die Maschine, bei mir aktuell, um das Blut von allem zu befreien, was den Körper antriebslos macht. 

Die Seele von allem Ballast zu befreien, den wir in unserem Leben ansammeln, kann länger dauern. Auch die Seele braucht ein Organ, das die negativen Gedanken, Gefühle und Worte herausfiltert, mit denen wir uns vergiften.  Manchmal braucht auch dieses seelische Organ regelmäßig Hilfe. 

Dialyse ist Zeit, zu lernen, was uns wirklich wichtig ist im Leben. Dialyse ist Zeit, an die Menschen zu denken, die diese Verbindung von Technik und Natur ermöglichen. Dialyse ist Zeit, an die Menschen zu denken,  deren Reise durch die Zeit schon vorbei ist... oft genug, weil auch moderne Medizin ihre Grenzen hat. Trotz aller Medizin gehört der Tod zu unserem Leben. Chronisch kranke Menschen spüren das täglich. Dem Glaubenden ist Dialyse auch Zeit, über eine Hoffnung nachzudenken, die stärker ist als Leid und Tod. 

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