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Herausforderung Herr Jesus

Ich werfe unserer Zeit vor, daß sie starke und zu allem Guten begabte Geister zurückstößt, nur weil es sich um Frauen handelt.

Teresa von Avila

Notizen zum Credo 8

Deutsche Bücherei. Leipzig.
Deutsche Bücherei. Leipzig.

Klar! Wenn ich Dich erkannt hätte, dann wäre ich natürlich nicht einfach weitergegangen. Die Situation ist verfahren. Hans-Peter ist tot und tatsächlich trifft er auf diesen Jesus. Da sitzt sie in Richterrobe. Er war zunächst irritiert. Einmal wegen dem roten Gewand. Woran erinnerte das ihn? Ah ja, an das Bundesverfassungsgericht. 

Noch mehr irritierte ihn, dass es eine Frau ist. Doch die Präsenz des göttlichen Du ist ebenfalls deutlich sichtbar. Hier begann die Geschichte seiner Existenz. Hier war er wieder. Im Licht der ewigen Zeitenstille war ihm alles wieder bewusst geworden. Sein ganzes Leben war er blind am absoluten Du vorbeigegangen. 

Wie konnte das passieren?

Er hatte doch wiederholt öffentlich bekannt:

Jesus Christus ist der Herr!

Sie erkannten ihn, als er das Brot brach. Katholische Kirche Bad Nenndorf.
Sie erkannten ihn, als er das Brot brach. Katholische Kirche Bad Nenndorf.

Jesus Christus ist der Herr. [1 Kor 12,3]


Das ist die Erfahrung der Jünger Jesu. Haben aber seine Jünger wirklich in den 2000 Jahren verstanden, was das bedeutet? Verstehe ich es -trotz aller Gottsuche - wirklich?


Jesus Christus ist der Herr. Das ist ein Bekenntnis, das vom absoluten Du eingeflüstert ist. 

Dieses Bekenntnis der ersten Christen ist Erkennungszeichen der Menschen, die ihr Vertrauen auf diesen Jesus von Nazareth setzen. 


Paulus wird vom Verfolger der Christen zum glühenden Anhänger, weil er in Jesus den Kyrios erkennt:

Und plötzlich umstrahlte ihn ein Licht aus dem Himmel; und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die zu ihm sprach: Saul, Saul, was verfolgst du mich? Er aber sprach: Wer bist du Herr (kyrios)? Er aber sagte: Ich bin Jesus, den du verfolgst." (Apg 9,3-5)



Jesus Christus ist der Herr. Manchmal reicht die richtige Antwort nicht, um den Test zu bestehen. 


Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt. [Mt 7,21]


Die richtige Antwort im Test ist ohne praktische Konsequenz sinnlos. Paulus zieht die Konsequenzen. 

Er nimmt seine körperliche Schwäche an, denn Gottes Kraft ist im Schwachen mächtig. 


Wer in der Wüste war, darf reden.


Manchmal entschlüsseln wir die Bilder, die auf das absolute Du hinweisen, doch im nächsten Moment sind wir blind. 

Lass die Vorstellung los, dass Du einem Menschen oder einer Gemeinde folgen musst, um Deinen Weg zu finden. Das Mosaik Deines Weges entsteht in Deinem Herzen. 

Paulus ist entsetzt, weil sich seine Gemeinde in Gruppen spaltet. Was würde er heute zu den Konfessionen sagen?

Gott selbst zerbricht unsere Vorstellungen vom absoluten Du. Er ist immer anders als wir zu wissen glauben. Dabei sind wir doch alle aus dieser Quelle entstanden. Doch uns fehlt das Feuer, das unsere dunkle Nacht erhellt. 

Blind tasten wir uns durch die Welt und suchen die Heimat.  


Dein bin ich, Dein will ich bleiben. 


Das absolute Du schuf einen Raum, in dem das Du sich seiner selbst bewusst wird. Das absolute Du zieht sich in die Ohnmacht zurück, um uns Raum zu schaffen. In seiner Nachfolge ist es unsere Aufgabe, uns zurückzuziehen,  um anderen einen Raum zu schaffen. 


Menschen erleben die Präsenz des göttlichen Du.

Doch die Präsenz erscheint uns in rätselhaften Bildern. Erst im Licht der Ewigkeit erkennen wir und werden wir erkannt. [1 Kor 13,12]

Oft genug glaubten Menschen, Gottes Nähe zu spüren, um dann aber Gottes Auftrag auszuweichen.

Oft genug übten Christen Macht aus und glaubten, damit Gottes Willen zu erfüllen.   

Die Christen sehen in Jesus Christus das perfekte Bild des absoluten Du und zugleich einen ohnmächtigen Menschen, der machtvoll eine neue Lehre verkündet. 


Der sichtbare Herr in der Welt der ersten Christen ist der Kaiser von Rom. Er ist Kyrios Theos - Herr und Gott. 

Seine Macht ist groß, aber vergänglich. 

Auch heute beanspruchen Mächtige, dass ihrem Willen gefolgt wird. Sie schicken andere in den Tod und begründen das gerne auch biblisch. 

Auch religiöse Vertreter beanspruchen Macht. Wer aber Gehorsam fordert, muss zunächst zeigen, dass er bereit ist, dem absoluten Du gehorsam zu sein. 

Man muss Gott mehr gehorchen als dem Menschen. [Apg 5,29]

Mit hörendem Herzen lausche ich dem Du, um zu sehen, ob in seinen Worten die Stimme des ewigen Kyrios erklingt.

Ich muss gerade in den Strukturen der Kirche dort widersprechen, wo ich im Innersten spüre, dass für mich ein anderer Weg richtig ist. [Gal 2,11]

Es mag ja sein, dass Du denkst, Gott besser deuten zu können als ich. 

 Im Zweifel muss ich fliehen, denn ich folge nur der vertrauten Stimme. [Joh 10,5].

Wenn mich ein Auftrag von Gott wegführt, muss ich den Gehorsam  verweigern.



Bad Nenndorf. Katholische Kirche.
Bad Nenndorf. Katholische Kirche.

Jesus Christus zeigt sich dadurch als der wahre Herr, dass er in die Ohnmacht geht. 

Jesus Christus ist gehorsam bis zum Tod, schreibt der Philliperhymnus ins bleibende Gedächtnis der Kirche. [Phil 2, 5-11]

Wir haben die Anwesenheit des wahren Herrn verpasst, weil wir andere Bilder von Herrschaft im Kopf hatten. Wir haben bis heute andere Bilder im Kopf. Wir halten bis heute am Ich fest bis uns das Leben im Tod entrissen wird. 

Der Weg zum Du führt uns zur Erkenntnis über mein innersten Wesen. 

Der Weg in die Ohnmacht führt zum absoluten Du. Wusstet ihr nicht, dass der Mensch nur durch Leid und Schmerz in die Wohnung des ewigen Du gelangt? [Lk 24,26]

Fürchte Dich nicht. Gott bewahrt im Herzen die Geschichte der Menschen, die liebten. 

Wenn wir  viel lieben, brauchen wir uns keine Sorgen machen, verrät uns der Herr Jesus Christus. 

Wer viel geliebt hat, dem wird viel vergeben. [Lk 7,47]


St. Marien. Velpke bei Wolfsburg
St. Marien. Velpke bei Wolfsburg

Jesus ist  darin gehorsam, dass er sich auf die vorgegebenen Strukturen einlässt. 

In der Szene am Jordan will Johannes ihn erst nicht taufen. Doch Jesus besteht darauf. Er reiht sich in die Schlange der Sünder ein. 

Jesus Christus ist der Herr.

Der tatsächliche Herr hört aufmerksam zu. Er sucht in allen Strukturen und Institutionen das Du, um ihm Raum zu verschaffen. 

Sein Maßstab ist nicht das Gesetz und die Struktur. Dieser Herr verteilt kein Amt, dass zu Macht über andere führt.


Jesus Christus revoltiert nicht, sondern deutet Strukturen neu im Licht der größeren Liebe. 

Wer diesem tatsächlichen Herrn folgt, muss keine bestimmten Positionen oder Ämter suchen. 

Dieser Herr geht in die Ohnmacht.

Dieser Herr ruft dazu auf, in die Ohnmacht zu folgen. 

Folge mir nach!

Jesus folgen bedeutet, die Illusion der Macht aufgeben.

Jesus lässt zu, dass andere in sein Leben hineinreden. Dieser Herr geht in den Dialog der Liebe. 

Dieser Herr ändert seine Pläne und Prioritäten, wenn er einen festen Glauben im Herzen erkennt. [Mt 15, 21-38] Und doch bleibt er seinem letzten Ziel treu.

Wunstorf.
Wunstorf.

Jesus Christus ist der einzige Herr. 

Wenn kirchliche Amtsträger überhaupt einen Willen durchsetzen dürfen, dann diesen Willen Jesu, zu dienen.

Für Papst Franziskus bedeutet Folgsamkeit gegenüber der Kirche stets die Bereitschaft, allen immer und bestmöglich zu dienen. 


Zu oft redete Kirche in ihrer Geschichte vom Dienen, um den eigenen Willen durchzusetzen.


Ich höre, ob im Du die vertraute Stimme wahrgenommen wird. Es ist meine Verantwortung, dieser Stimme zu folgen. Kein Mensch kann mich von dieser letzten Verantwortung entbinden. 

Kirche ruft in die Ohnmacht. Kirche lebt Ohnmacht vor. So war es am Anfang gedacht, behaupte ich.


Die Mächtigen der Welt fordern, dass wir ihnen folgen. 

Bei Euch soll es nicht so sein. 

Bei Euch ist es aber leider zu oft so, ihr Christen. 

Wenn ihr nur verstanden hättet...


Das Christentum muss sich dem Vorwurf stellen, patriarchale Strukturen zu zementieren, die Frauen unterdrücken.

Aber wir wollten doch nur mit weltlicher Macht anderen helfen, höre ich. 

Jesus aber weigerte sich aber, weltliche Macht für sich in Anspruch zu nehmen, behaupte ich.


Die Prophetie des Ersten Testaments erwartete einen Befreier, der mit starker Hand Israel aus schwieriger Lage durch konkreten Kampf befreien wird. Auch die Jünger Jesu waren (und sind im Verlauf der Kirchengeschichte) immer wieder bereit, durch Macht und Unterdrückung den vermeintlichen Willen Jesu zu erfüllen. Auch da waren und sind es Männer, die in besonderer Weise als Täter und Unterdrücker auffallen.  Das galt lange Zeit auch im Umgang der Konfessionen untereinander. 


Ich will nicht, dass Du hier mit Deiner Gemeinschaft Raum hast. Ich schließe Deine Gemeinschaft aus vom gemeinsamen Mahl der Eucharistie. 


Aber Jesus rief sie zu sich und sprach: Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch; sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener. (Mt 20,25 - 26)

Wenn wir nun annehmen, dass Jesus tatsächlich wollte, dass nur Männer als Diakone, Priester und Bischöfe dienen, dann nur, weil gerade Männer lernen müssen, zu dienen statt zu herrschen. Männer sind bei diesem Lernprozess immer noch blutige Anfänger. 

Wenn wir nun annehmen, dass Jesus tatsächlich wollte, dass Männer als Diakone, Priester und Bischöfe dienen, dann nur, um gerade ihnen zu verdeutlichen, dass Jesu Macht in die Ohnmacht am Kreuz führt: Er zielt auf große Veränderungen durch Veränderung im einzelnen. Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen!  Er beendet das Patriarchat, indem er Männer in die Ohnmacht ruft.


Der Herr verändert Strukturen auf der individuellen Ebene. Das enttäuschte alle, die gegen Rom kämpfen wollten und stellte am Ende doch viele Strukturen auf den Kopf. 


Die Weihe zu Diakon, Priester und Bischof müsste unter dieser Perspektive reale Erniedrigung der eigenen Rolle und Ermächtigung anderer sein. Die Geschichte (auch der Kirche) lehrt, dass gerade Männer da immer noch viel zu lernen haben. Und auch in der öffentlichen Wahrnehmung (auch der Katholiken selbst) wäre es schön, wenn bei Gemeinde nicht sofort an den Priester gedacht wird, sondern an die Vielen, die sich am Sonntag in der Eucharistie versammeln.


Jesus Christus ist der Herr!

Dieser Herr schickt auch keine bösen Worte hinterher, wenn ein Mensch seine Bedingungen nicht erfüllen kann. Das wird für mich beim reichen Jüngling schön deutlich. [Mt 19,22]

Am Ende des Dialogs mit Jesus geht er traurig weg. Jesus lässt ihn gehen. 

Ja, es ist schwerer, Gottes Spur zu folgen, wenn man reich ist. Nachfolge bedeutet ja, anderen Raum zu schaffen. Nachfolge bedeutet nicht, selbst viel für sich zu beanspruchen. Und doch findet Gottes Weisheit ihre Wege, Nachfolge in allen Situationen zu ermöglichen. [Mt 19,26]


Michaeliskirche Leipzig
Michaeliskirche Leipzig

Dieser Kyrios hat die Menschen im Blick, die schwere Lasten zu tragen haben. Er fragt nicht nach Nationen, er fragt nach den Menschen und ihrem Schicksal. Er fragt nach den Kindern, die nicht verstehen, warum der Krieg ihnen die Familie nimmt. 

Macht, die wirklich andere befreit und ihnen hilft, selbständig den eigenen Weg zu gehen, ist leise und langsam. Sie reagiert nicht mit Hass auf Hass, sie bleibt ihrem eigenen Weg geduldig treu. Sie misst ihren Erfolg über Generationen. 

Christen haben von Anfang an die Rede vom geduldigen Gottesknecht [Jes 53] auf Jesus Christus bezogen. Es ist sein Weg. Der Weg der Liebe und Zuwendung. Der Weg, der eigenes Leid und Tod in Kauf nimmt, um anderen zu verdeutlichen, dass es eine Alternative zu Ausgrenzung, Hass und Gewalt gibt. Es ist seltsam, wie oft gerade Christen in Geschichte und Gegenwart nicht begriffen haben, was es bedeutet, den glimmenden Docht nicht zu löschen. 

Klar, man kann weit kommen, wenn man die Knoten der Welt machtvoll durchschlägt. Leider entstehen dabei neue Knoten, die vielen über Generationen auf der Seele liegen. Langfristig bringt es der Welt mehr Frieden und Recht, wenn jeder an seinem Ort mitarbeitet, langsam die Knoten zu lösen, die ungeduldige Generationen vor uns geschaffen haben. 

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