Notizen Zum Credo 30
Der Körper ist jetzt nur noch eine Hülle. Das Bewusstsein ist gewichen. Sie ist nun in meinem Herzen. Und doch fehlt sie. Wo werde ich in Zukunft ihre Stimme hören und ihre Nähe spüren?
Mit diesen Gedanken verließ ich am Abend des 7. Januar 2020 das Diakonissenkrankenhaus Leipzig. Es war eine wolkenlose Nacht. Sterne funkelten.
Manche Situationen bleiben im Bewusstsein hängen.
Biologisch ist der Tod ein spannender Prozess, bei dem im Gehirn und in den Zellen des Körpers viel geschieht. Eine massive elektrochemische Entladungswelle zieht durch Hinrinde und andere Hirnstrukturen. Die Organe versagen, doch im toten Körper setzen wichtige Prozesse ein, um alles der Erde zurück zu geben, was aus Erde entstanden ist.
Jesus ist am Kreuz gestorben. Es ist der schmachvolle Tod eines Verbrechers.
Jesus ist unschuldig. Und doch entspricht der Tod am Kreuz nicht dem Bild eines mächtigen Retters.
Der Gang in die Ohnmacht ist Vorbild.
Wer das Leben gewinnen will, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen. [Mt 10,39]
Der Gang in die Ohnmacht ist Basis dafür, dass die Liebe zum Du fruchtbar wird:
Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. [Joh 12,24]
Der Körper ist die Basis für unser Handeln in der Welt. Joseph von Arimathäa kümmert sich darum, dass Jesus würdig bestattet wird. Beim letzten Abendmahl schlägt Jesus selbst die Brücke dazu, welche bleibende Bedeutung sein leibliches Handeln hat.
In den Einsetzungsworten verknüpft er das Handeln der Jünger in der Welt mit einer neuen Art körperlicher Präsenz.
Die Jünger sollen handeln, wie Jesus gehandelt hat: jede eigene Vorstellung von Macht ablegen und als Ohnmächtiger die Ohnmächtigen ins Zentrum rücken.
Es geht um eine sehr konkrete Zuwendung zum Du and dem Ort, an dem ich stehe.
Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe. [Joh 13, 14-15]
In katholischen Kirchen brennt vor einem schmuckvollen Kasten (Tabernakel) eine rote Lampe (Ewiges Licht). Sie versucht, einen Ort zu bestimmen, an dem Gott präsent ist. Wer den Schrank öffnet, findet dort Hostien.
Der Glaubende sieht hinter der naturwissenschaftlichen Tatsache, dass es sich um Brot handelt, Jesus. Er wurde dadurch bekannt, dass er mit den Menschen Brot teilte und Wein trank. Auch mit jenen, die keinen guten Ruf hatten. Und so versprach er, dass er immer real präsent ist, wenn Menschen zu seinem Gedächtnis Brot und Wein teilen.
Christen haben sich zerstritten über die Frage, wie Jesus da ist. Im ökumenischen Dialog ist man sich dazu nahe gekommen. Vielleicht hilft für die letzten Schritte, zu begreifen, dass die Aufforderung Jesu garnicht so kompliziert ist:
Das hier bin ich, mit Fleisch und Blut. Meine historische Geschichte. Meine Liebe zu allen Menschen. Meine Bereitschaft, für meine Botschaft bis ans Kreuz zu gehen und meinen Körper zerbrechen zu lassen.
Tut das zu meinem Gedächtnis.
Teil das Brot! Trinkt den Wein! Geht zu den Menschen, die Eure Nähe und Euer Wort brauchen und sagt ihnen, dass Leid und Tod nicht das letzte Wort haben! Denn die Liebe ist stärker als der Tod.
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