Von Leid und Tod

Notizen Zum Credo 29

Die Frage danach, wie Gott das Leid in der Welt zulassen kann, stellt sich seit Jahrtausenden. 

Die Frage stellt sich besonders dort, wo ein Kind leidet, das die Frage nach einem Sinn nicht stellen kann.

Die Frage stellt sich, wo chronische Schmerzen jeden Gedanken an Glück im Keim ersticken. 

Die Frage stellt sich dort, wo Menschen gequält und gefoltert werden. 

Auch die Natur selbst verletzt und quält, auch wenn es am Ende doch der Mensch selbst ist, der dem Menschen und der Natur das meiste Leid zufügt.

Es bleibt eine offene Wunde. 


Natürlich gibt es auch Wunden, die geschlagen werden, um zu heilen. In der Dialyse werden Nadeln gesetzt, um das Blut zu reinigen. Operationen verletzen, um den Körper zu heilen.  

Heute kann mit Medikamenten und Narkose Schmerz vermieden werden. Doch es gibt unvermeidbaren Schmerz, wenn wir uns von einem Menschen trennen oder wenn der Tod unsere Hoffnungen zerstört.

Theologie sollte nicht versuchen, die Wunde mit schnellen Sprüchen zu schließen.

Gott ist in dieser Welt nicht allmächtig.

Der Mensch selbst ist auch nicht allmächtig. 

Täter und Opfer sterben und gehen am Ende gemeinsam in die Zeitenstille. 

Die Mächtigen stürzen und zerfallen zu Staub. 

Tröstet das?

Jesus Christus leidet. 

Was nützt uns das?

Was nützt das dem Kind, das unter chronischen Schmerzen leidet?


 Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. [Mt 25,40]



Der Blick auf Gott ist kein Blick auf eine fremde Instanz. 

Der Blick auf Gott ist ein Blick in mein innerstes Wesen, auf Ursprung und Ziel meiner Existenz. 

Ich verstehe nicht, in welche Welt ich hier geworfen bin, aber ich erkenne, dass ich nicht allein in diese Welt geworfen bin. 

Deshalb gibt es keine Nachfolge Jesu ohne Bereitschaft, sich dem Menschen neben mir zuzuwenden. 

Der Blick auf den Menschen neben mir ist ein Blick auf das unsichtbare Geheimnis. Das absolute Du wartet am Grunde des Du. 

Auch der Blick auf Tiere, Pflanzen und scheinbar unbelebte Natur ist ein Blick auf das absolute Du. 

Die ganze Schöpfung sehnt sich nach Befreiung aus dem Leid und aus der Vergänglichkeit. [Röm 8, 18-26]

Wir erhalten keine Antwort auf unsere Frage nach dem Warum. Die angemessene Antwort auf die Erfahrung des Leids in der Welt ist die Zuwendung zum Du.

Nein, wir können nicht die ganze Welt retten, aber wir können oft mehr als wir ahnen. Es ist bekannt, dass die armen Nationen oft bereitwilliger Geflüchtete aufnehmen als das reiche Europa.

Wir sind nicht alle im gleichen Boot, wir sind mit sehr unterschiedlichen Booten im gleichen Sturm unterwegs.

Für wen bist Du der Nächste gewesen? [Lk 10,36]

Gott in der Nacht der Leiden lieben?

Gott lieben in der Welt, die leidet?

Geburtswehen nennt es Paulus.

Das wäre unerträgliche Vereinfachung,

wenn nicht Paulus selbst gelitten hätte.

 

Die lange Nacht der Qualen

beginnt für manchen Menschen

mit der Geburt und endet mit dem Tod.

Mal ist es der eigene Körper, der quält,

mal sind es die Menschen, die quälen,

mal verursacht die unbelebte Welt Schmerzen.

 

Manche, die ein glückliches Leben führen,

preisen dafür Gott.

Ihr Glück ist ihnen Garant seiner Existenz.

Doch das Trugbild zerreißt.

Ohne Gegenüber bleibt ein Glaube,

der das Leid des Kindes ausklammert,

ein Kind ohne Verständnis eines philosophischen Sinnes,

den seine Qual haben soll.

 

Gesundheit ist uns ein teures Gut,

deshalb bauen wir große Kathedralen der Medizin,

in denen kleines und großes Leid behandelt wird.

Menschen mit langem Studium umsorgen Kranke,

Theologen und Psychologen hören und spiegeln Worte.

 

Man wendet Gesprächsführung und Empathie an

und dem Kranken scheint es kurz,

als werde er verstanden

und doch empfindet er die Distanz –

zum Gesunden, der ohne Erfahrung spricht.

 

Im Schmerz, in der Krankheit, in der Not,

hier begegnen wir Gott,

es sei denn wir begegnen nur dem

Selbstgespräch derer,

die den Dialog der Stille vermeiden,

wenn das Gespräch verstummt.

 

Den letzten Sinn des Leidens

Kann nur Gott uns geben,

von dem es heißt,

er sei die Liebe.

 

Er selbst wird uns die Antwort geben,

nicht seine Theologen und deren Bücher.

Bis der Schleier zerreißt,

kämpfen wir mit Gott gegen das Leid,

denn ER hat verheißen,

am Ende siegt das Leben!

 

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