So sind wir Menschen. Ja, auch ich! Wir haben unsere feste Meinung von dem, was richtig und falsch ist. Um sich in der Welt zurecht zu finden, brauchen wir Schubladen. Diese von Zeit zu Zeit auszuschütten und neu zu sortieren, wäre vielleicht heilsam.
Menschen versammeln sich und wollen Jesus begegnen. Sie sind so richtig fromm. Und da kommt einer und drängt sich mit seinen Nöten in den Vordergrund.
Die Leute fanden es falsch, dass der Blinde so laut schreit. Das störte die tolle Begegnung mit Jesus. Am Ende der Geschichte preisen dann alle Gott. Offiziell wurde hier ein Mensch von körperlicher Blindheit geheilt. Das war nicht wirklich nötig - denn der Blinde sah sehr klar, was er tun muss, um wieder zu sehen. Welch logischer Knoten! Geheilt wurde die Menge - zumindest vorübergehend. Sie war blind für das Anliegen des angeblich Blinden. Nun erkennt sie Gott am Werk, zumindest im Augenblick.
Das wird nicht lange anhalten. Denn nun werden sie sich an anderer Stelle noch mehr berufen fühlen, zu urteilen. Das ist wohl nicht zu vermeiden. Und doch sollten wir uns bewusst bleiben, dass auch die Gläubigen nur rätselhafte Umrisse erkennen. Erst nach dem Tod sehen wir. (zu Lk 18, 35 - 43)