Von der Angst

Angst ist kein fremdes Gefühl für mich,

schon als Kind lernte ich sie kennen,

diese atemnehmende Kraft, die einem 

den bitteren Geschmack der Enge und Zukunftslosigkeit gibt:

Ungefragte Beraubung eigener Selbstsicherheit.


Mein Herz sucht nach Zukunft, will hoffen,

findet nicht die überzeugende Antwort 

auf die Anfragen des Lebens.

Gelernt und erfahren, 

dass Gott Grund des Lebens ist,

will ich beten, nicht wissend,

wie ich die Angst benenne.


Da ist es leichter 

sich der Wirklichkeit zu entziehen.

Leichter als die reale Welt zu gestalten,

ist es das Computerspiel zu überlisten.

Die Welt hat keinen Mogelmodus,

um die Wirklichkeit eigenen Wünschen anzupassen.


Man kann entfliehen in das Reich der Träume,

verlassen die harte Wirklichkeit, 

die Welt und ihre Anforderungen ignorieren;

Manchmal tut es ja gut im Alltag,

den Geist unbeobachtet auf Reisen zu schicken.


Viele nehmen das Leben viel ernster,

Viele glauben nicht, dass das Leben eine Zukunft hat,

denn die Wissenschaft weiss um das Ende aller Existenz,

dennoch lieben das Leben, die da planen,

als hätte Leben nie ein Ende.


Viele glauben, all dies sei wichtig,

und ertragen nicht, an das Ende zu denken,

die Stille meiden sie, 

denn sie erinnert daran, 

dass es nur Geld und Gut gibt - in ihrem Leben.

Gerne würden sie hoffen, 

doch es fehlt an glaubwürdigen Boten der Hoffnung,


Die Christen behaupten,

all dies habe Sinn, 

alle Freude, aber auch das Leid,

der Schrei der Unterdrückten, Gequälten, Verfolgten:

Glaubwürdig sagen sie es nur,

wenn sie selbst mit offenen Augen

in dieser Wüste der Angst lebten

daran zerbrachen und doch neu aufstanden.


Dann ist es Trost, nicht Vertröstung,

wenn sie sagen - nicht aus eigener Kraft:

Es wird einen Neustart geben 

für uns und für die Erde,

die Liebe selbst wird das Programm dieser Welt überarbeiten,

das Beste des alten wird sie behalten,

an das Erlittene wird keiner mehr denken.


Ernst-Ulrich Kneitschel, Wien 1995.